Digitale Transformation in der Gemeinde

Wann haben Sie das letzte Mal an einem Bankschalter Geld bezogen? Bekommen Sie den Monatsauszug Ihres Bankkontos noch per Post? Die digitale Transformation hat in der Finanzwelt schon lange Einzug gehalten – und die Digitalisierung kommt nun auch in der öffentlichen Verwaltung richtig in Schwung. Bereits können über diverse ePlattformen (eUmzug, eBau etc.) Behördengänge durchgängig und medienbruchfrei vollzogen werden. Doch wir sind noch am Anfang und der Weg der digitalen Transformation ist in diesen Bereichen noch sehr lang.

Gibt es in 15 Jahren noch die klassische Verwaltung? Wie steht ein über hundertjähriger Verband zu eThemen und wo sieht der innovative Gemeindeschreiber die Vorteile der CMI Lösungsplattform.

Hugo Kreyenbühl, Gemeindeschreiber Niederrohrdorf und Präsident des Fachverbandes der Gemeindeschreiber des Kantons Aargau, stellt sich den Fragen der Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung:

Hugo Kreyenbühl, herzliche Gratulation zur Wahl als Präsident des Verbands Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber. Wie fühlt man sich als «oberster» Gemeindeschreiber?
Hugo Kreyenbühl: «Danke! Das Verbandspräsidium ist für mich Ehre und Verpflichtung zugleich: Ich bin stolz, einem Verband, der immerhin schon seit 1902 existiert und im Kanton Aargau eine gewichtige Stimme hat, vorstehen zu dürfen. Gleichzeitig ist das Amt für mich Ansporn, täglich vollen Einsatz für die Interessen der Aargauer Gemeinden und für unseren Berufsstand zu geben.»

Welche Aufgaben erwarten Sie in der neuen Funktion und welche Ziele haben Sie?
Hugo Kreyenbühl: «Ich nehme klassische Präsidiumsfunktionen innerhalb des Vorstands wahr und vertrete unseren Verband gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Akteuren wie z. B. gegenüber dem Kanton Aargau, den Aargauer Gemeinden oder den anderen Personalfachverbänden, mit denen wir eine enge Zusammenarbeit pflegen. Aufgabe und Ziel des Gemeindeschreiberverbands wird weiterhin sein, unseren Berufsnachwuchs bestmöglich auszubilden, was wir in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz sicherstellen. Zudem helfen wir mit, die Gemeinden im Kanton Aargau nachhaltig zu positionieren. Sprich: Wir setzen uns dafür ein, die eine oder andere Gesetzesrevision in unserem und im Sinne der Gemeinden zu beeinflussen.»

Inwiefern beeinflusst die digitale Transformation in der öffentlichen Verwaltung im Kanton Aargau Ihre Arbeit als Präsident?
Hugo Kreyenbühl: «Auch unsere Vorstandsarbeit profitiert von der Digitalisierung. Die Aktenauflage für unsere Vorstandssitzungen erfolgt schon seit einiger Zeit nicht mehr physisch, sondern elektronisch. Zudem nehme ich alle unsere Verbandsakten bequem mit meinem iPad an die verschiedenen Sitzungen mit und habe so alle Unterlagen stets griffbereit – einfacher gehts gar nicht! In meiner Führungsrolle als ‹oberster› Gemeindeschreiber sehe ich die Digitalisierung zudem als wichtige Führungsaufgabe. Mein Ziel ist, als Ermöglicher im Bereich der Digitalisierung wichtige und richtige Entscheidungen gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen zu treffen.»

Wo stehen der Kanton Aargau und seine Gemeinden im Thema eGovernment?
Hugo Kreyenbühl: «Mit der Fachstelle E-Government Aargau verfügen der Kanton Aargau und die Aargauer Gemeinden über eine gemeinsame Organisation, die sich für die Digitalisierung und die Nutzung von elektronischen Geschäftsprozessen in unserem Kanton stark macht. Durch die gemeinsame Trägerschaft ist sichergestellt, dass die Interessen beider Staatsebenen adäquat vertreten sind und übergreifende Projekte rasch umgesetzt werden können. Damit erreichen wir, dass der situationsgerechte Einbezug aller Beteiligten und Betroffenen sichergestellt ist. Im eGovernment-Umfeld in der Schweiz ist diese Konstellation vorbildlich. Der Kanton Aargau verfügt über eine mehrfach prämierte eGovernment-Infrastruktur, die eine Automatisierung der Geschäftsprozesse unter Miteinbezug verschiedener Datenquellen und Informationen ermöglicht.»

Welche Themen der digitalen Transformation sollten aus Sicht des Gemeindeschreiberverbandes aufgenommen bzw. umgesetzt werden?
Hugo Kreyenbühl: «Ein erster Schritt ist mit dem E-Umzug getan, aktuell wird der elektronische Baubewilligungsprozess in den Pilotgemeinden getestet. Es bieten sich viele Themen an: Mein persönliches Anliegen ist, Schnittstellen und Medienbrüche soweit wie möglich auszuschalten und dem Bürger einen einfachen Zugang zu unseren Dienstleistungen zu ermöglichen. Dies bedingt, dass auch Voraussetzungen geschaffen werden, um Einwohnerinnen und Einwohnern einen sicheren Zugriff zu bieten und den Datenschutz einzuhalten. Generell gilt es, das Potenzial der heute vorhandenen Daten und Informationen durch Vernetzung besser nutzbar zu machen. Um die Lösungsfindung zu vereinfachen, wird die Fachstelle E-Government Aargau das Projektportfolio öffnen und in einem sogenannten Projekt-Radar für jedermann zugänglich machen. Hierzu wird die Website egovernmentaargau.ch derzeit überarbeitet.»

Nun zu Ihrer täglichen Arbeit als Gemeindeschreiber in der Gemeinde Niederrohrdorf. Wie hat sich die Digitalisierung hier ausgewirkt?
Hugo Kreyenbühl: «Die Digitalisierung hat den Arbeitsalltag in unserer Gemeindeverwaltung verändert und einen erheblichen Nutzen gebracht; hauptsächlich indem Akten sehr schnell und ortsunabhängig verfügbar sind. Die Geschäfte lassen sich besser steuern und Prozesse können einfacher beobachtet und überwacht werden. Die fachliche Arbeit hinter den digitalisierten Prozessen ist gleich geblieben, da Geschäfte auf den gleichen rechtlichen Grundlagen beruhen wie früher. Die digitale Steuerung und Verfügbarkeit verschaffen der Führungsebene aber entscheidende Vorteile. Elementar dabei ist, dass die Prozesse abteilungs- und verwaltungsübergreifend neu angedacht werden, stets mit dem Ziel, unseren Kundinnen und Kunden einen Mehrwert zu bieten. Wir wollen die Digitalisierung nicht zum Selbstzweck umsetzen, sondern die stetig steigenden Erwartungen der heutigen Gesellschaft an eine moderne Dienstleistungserbringung erfüllen. Die Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse ist entscheidend.»

Es werden immer mehr Prozesse an den Einwohner übergeben. Man kann den Umzug digital abwickeln, das Baugesuch elektronisch beantragen … Wohin geht die Reise?
Hugo Kreyenbühl: «Ziel muss sein, dass alle staatlichen Leistungen und Register in einem einzelnen Einwohnerportal zusammengefasst werden. In der Zukunft kann ich in meinem Einwohnerportal beispielsweise abfragen, welche offenen Steuerforderungen ich habe oder wann ich die Steuern bezahlt habe. Auf Knopfdruck erhalte ich Einsicht ins elektronische Grundbuch und sehe meine Grundstücke. Mit einem weiteren Mausklick wechsle ich zu meinem Strafregisterauszug oder kann meinen Führer- oder Identitätsausweis ansehen.»

Es gibt Stimmen, die sagen, dass es die klassische Verwaltung in 15 Jahren nicht mehr gibt, dass die gesamten Behördengänge digital abgewickelt werden und dass der Verwaltungsmitarbeiter «nur» noch ein Berater für die Bevölkerung sein wird. Was halten Sie von dieser These?
Hugo Kreyenbühl: «Die Digitalisierung hat und wird die Effizienz in der Verwaltung erhöhen. Dass sämtliche Behördengänge in 15 Jahren digital erledigt werden können, erwarte ich nicht. Bei einfachen Behördengängen (z. B. Bestellung von Registerauszügen) wird dies möglich sein, bei komplexen Abläufen (z. B. Einbürgerung) wird es auch in Zukunft nicht ohne die Verwaltungsmitarbeitenden gehen.»

In der Gemeindeverwaltung Niederrohrdorf hält die digitale Transformation Einzug. Wo stehen Sie heute?
Hugo Kreyenbühl: «Wir haben ab 1. Januar 2016 CMI AXIOMA schrittweise eingeführt. Zuerst in der Kanzlei (GEVER, Sitzungsvorbereitung, Vertragsverwaltung, Behördenmodul), anschliessend in der Bauverwaltung (BauPro) und bei den Abteilungsleitern. Nächster Schritt ist die Ausbreitung in der gesamten Verwaltung. Seit der Einführung scannen wir die geschäftsrelevanten Dokumente und wir führen nur noch sehr eingeschränkt eine physische Ablage, was uns beim Aktenmanagement stark entlastet. Wir sind heute an einem Punkt, wo wir schrittweise Justierungen und Optimierungen in der Nutzung von CMI AXIOMA vornehmen und uns so stetig weiter verbessern. Unsere Reise ist also noch lange nicht zu Ende, nur die Schritte werden etwas kleiner.»

Wie hat Sie die CMI Lösungsplattform auf diesem Weg unterstützt?
Hugo Kreyenbühl: «CMI AXIOMA wurde zur elektronischen Drehscheibe innerhalb unserer Verwaltung. Wir führen damit die Geschäfte, verwalten unsere Pendenzen, steuern Aufträge, gewähren Zugriff und liefern Informationen. Die Software CMI AXIOMA ist zentral und sehr mächtig, wenn man sie richtig einsetzt und alle Funktionalitäten nutzt.»

Setzen Sie CMI AXIOMA mit der Digitalisierung in der Verwaltung gleich?
Hugo Kreyenbühl: «Ganz klar. CMI AXIOMA ist letztlich das zentrale Mittel zur Digitalisierung in unserer Verwaltung. Insbesondere auch weil CMI AXIOMA als Drehscheibe für unsere Umsysteme funktioniert und z. B. unsere Webseite stets mit aktuellen Inhalten beliefert.»

Wenn Sie noch einen Wunsch zur digitalen Transformation in der öffentlichen Verwaltung hätten, was würden Sie sich wünschen?
Hugo Kreyenbühl: «Einen Wunsch habe ich nicht, aber ich sehe eine zentrale Herausforderung: Trotz Standards stellen meines Erachtens nach wie vor die verschiedenen Schnittstellen die grössten Hürden für die Digitalisierung dar. Hier werden sich in den kommenden Jahren die grössten Herausforderungen stellen – und ich hoffe, dass diese Hürden bestmöglich genommen werden.»